Mietausfall und Mietwert
Inwieweit ersetzt die Wohngebäudeversicherung einen Mietausfall?
Vermieter tragen ein unternehmerisches Risiko: Bleiben infolge eines Schadensfalls und der daraus folgenden Minderung der Miete durch den Mieter die regelmäßigen Einkünfte aus, kommt es vor allem im frühen Stadium einer Finanzierung zu Engpässen. Schließlich verlangt die Bank auch weiterhin die Annuität und auch alle anderen Kosten im Zusammenhang mit der Immobilie müssen weiter gedeckt werden.
Mietausfälle im Versicherungsschutz inbegriffen
Die verbundene Wohngebäudeversicherung schließt Mietausfälle mit ein. In § 9 Nr. 1 VGB 2010 (1914) ist festgelegt: "Der Versicherer ersetzt den Mietausfall einschließlich fortlaufender Mietnebenkosten, wenn Mieter von Wohnräumen infolge eines Versicherungsfalls zu Recht die Zahlung der Miete ganz oder teilweise eingestellt haben."
Als "fortlaufende Mietnebenkosten" sind die Kosten zu verstehen, die gemäß dem im Mietvertrag angewandten Schlüssen auf alle Mieter verteilt werden. Diese Kosten sind meistens unabhängig vom individuellen Verbrauch des Mieters. Beispiele für diese Kosten sind die Grundsteuer, die Beiträge zur Wohngebäudeversicherung sowie zur Grundbesitzerhaftpflichtversicherung, Abgaben für die städtische Müllentsorgung sowie Ausgaben für die Pflege des Gartens, den Hausmeister oder die Gehwegräumung (Winterdienst).
Mietausfallversicherung auch für Gewerberäume möglich
Die Mietausfallversicherung gilt grundsätzlich nur für privat genutzte Räume erstattet. In § 9 Nr. 3 VGB 2010 (1914) ist allerdings ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, eine entsprechende Vereinbarung auch für gewerblich genutzte Räume zu treffen. Lehnt der Versicherer dies ab, kann eine eigenstände Mietverlustversicherung für die gewerblich genutzten Räume abgeschlossen werden.
Beispiele für Mietminderung
Mieter dürfen die Miete mindern, wenn die Nutzung der Wohnung durch Mängel beeinträchtigt ist, die sie selbst nicht verschuldet haben. Es gibt keine einheitliche Tabelle, anhand der sich für einen bestimmten Mangel eine angemessene Minderung der Miete ablesen lässt. Was angemessen und was überzogen ist, wurde im Laufe der Zeit vielmehr durch die Rechtsprechung skizziert. Auch wenn Gerichtsurteile sich stets auf den jeweils vorliegenden Fall beziehen, sollen nachfolgend einige Beispiele aufgeführt werden.
Baulärm
AG Hamburg, 16.01.1987 – 44 C 1605/86, WM 1987, S. 272
Das Gericht hielt eine Mietminderung im Umfang von 60 Prozent für angemessen. Der Fall: Im Haus sowie im Dachgeschoss wurden umfangreiche Bau- und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Sofern ein entsprechender Schaden durch eine versicherte Gefahr entsteht, müssen Vermieter einen wesentlichen Teil der Miete für Wochen oder sogar Monate abschreiben.
AG Weißwasser, Urteil vom 18.04.1994 – 3 C 0701/93, WM 1994, S. 601
Das Gericht hielt eine Kürzung der Nettokaltmiete um 50 Prozent für angemessen. Der Fall: Im Haus wurden umfangreiche Baumaßnahmen über einen Zeitraum von drei Monaten durchgeführt.
Wasserschaden
AG Bochum, Urteil vom 28.11.1978 – 5 C 668/78, WM 1979, S. 74
Das Gericht gestand dem Mieter eine Kürzung der Miete um 30 Prozent zu. Der Fall: Infolge eines Wasserschadens bestand für die Decke des Wohnzimmers Einsturzgefahr. Das Wohnzimmer konnte dadurch nicht genutzt werden.
Mietkürzung nur nach Ankündigung und nicht bei Eigenverschulden
Der Mieter darf die Miete nur kürzen, wenn er den Vermieter zuvor über den Mangel informiert und ihm Gelegenheit zu dessen Behebung gegeben hat. Die Minderung ist ab der Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustands zu unterlassen. Mieter dürfen die Miete nicht mindern, wenn sie selbst für einen Mangel verantwortlich sind.
Verursacht z. B. ein Kleinkind einen Wohnungsbrand und wird die Wohnung dadurch unbewohnbar, verletzten die Aufsichtspersonen ihre Aufsichtspflicht – eine Mietminderung ist dann nicht möglich. Der Brandschaden wird dem Versicherungsnehmer von der Versicherung ersetzt. Der Versicherer wiederum kann die grob fahrlässig handelnde Aufsichtsperson in die Pflicht nehmen.
Auch Erstattung des Mietwertes möglich
Der Versicherungsschutz umfasst nicht nur Einnahmen durch Vermietung, sondern beinhaltet auch die Erstattung des Mietwertes, wenn infolge einer versicherten Gefahr eine vom Versicherungsnehmer selbst bewohnte Wohneinheit nicht nutzbar ist. In § 9 Nr. 1 b) VGB 2010 (1914) ist festgelegt, dass "der ortsübliche Mietwert von Wohnräumen einschließlich fortlaufender Nebenkosten im Sinne des Mietrechts, die der Versicherungsnehmer selbst bewohnt und die infolge eines Versicherungsfalls unbenutzbar geworden sind" übernommen wird.
Anders als bei der Mietminderung durch Mieter gilt das „Alles-oder-Nichts“-Prinzip. Der Mietwert wird nicht erstattet, wenn dem Versicherungsnehmer zuzumuten ist, sich bis zur Wiederherstellung des früheren Zustands auf einen benutzbar gebliebenen Teil der Wohnung zu beschränken. Der Versicherer leistet bei selbstgenutzten Wohneinheiten also nur, wenn ein Totalschaden vorliegt.
Die Ermittlung des ortsüblichen Mietwertes erfolgt anhand des Mietspiegels oder durch den Vergleich ähnlicher Wohnungen in der unmittelbaren Nachbarschaft. Die Erstattung des Mietwertes reicht in der Regel nicht aus, um einen Aufenthalt in einem Hotel oder einer Gästewohnung zu finanzieren. Diese Kosten sind ggf. über die Hausratversicherung versichert.
Mietwert und Mietausfall werden auch insoweit erstattet, wie sie auf behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen zurückzuführen sind. Eine Änderung der Bauverordnung kann z. B. Maßnahmen erfordern, die die Wiederherstellung verzögern. Für diese Zeit greift der Versicherungsschutz.
Keine Zahlung bei schuldhafter Verzögerung
Nicht Versichert sind Mietausfall und Mietwert insoweit, wie der Versicherungsnehmer die Wiederbenutzung der Räumlichkeiten schuldhaft verzögert. (§ 9 Nr. 2 b)VGB 2010). Eine schuldhafte Verzögerung liegt z. B. vor, wenn aufgrund von Unterversicherung nur ein Teil eines Sachschadens von der Versicherung bezahlt wird und dem Versicherungsnehmer anschließend die Mittel fehlen, um die Wiederherstellung zu finanzieren.
Maximal 12 Monate Zahlung
In § 9 Nr. 2 a) ist festgelegt, wie lange der Versicherer maximal für Mietausfall und Mietwert aufkommt. Marktüblich ist eine Haftzeit von 12 Monaten. In den meisten Fällen reicht das zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit aus.
Optionale Erweiterungen des Versicherungsschutzes
Der Versicherungsschutz kann optional um zwei Komponenten erweitert werden. § 9 Nr. 4 VGB 2010 sieht eine Leistung des Versicherers auch für den Fall vor, dass der Mieter aufgrund des Schadens ausgezogen ist und die Wohnung zum Zeitpunkt der Wiederherstellung nicht vermietet ist. Dann ersetzt der Versicherer für die Dauer von X Monaten, maximal aber bis zum Ende der Haftzeit, den Mietausfall.
Auch wenn ein Mietobjekt bei Eintritt des Schadensfalls leer steht, ist eine Entschädigung möglich. Kann der Versicherungsnehmer nachweisen, dass zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalls und dem Ende der Haftzeit eine Vermietung stattgefunden hätte (legt er also einen verbindlichen Mietvertrag vor), zahlt die Versicherung den Mietausfall beginnend von Zeitpunkt der geplanten Vermietung bis maximal zum Ende der Haftzeit.