Sturm und Hagel
Sind Schäden durch Sturm und Hagel über eine Wohngebäudeversicherung abgesichert?
Die Definition von Sturm und Hagel sowie die Erläuterungen zum Versicherungsschutz finden sich in § 4 Nr. 2 VGB 2010 (1914). Bei Sturm handelt es sich demnach um „eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 nach Beaufort“. Das entspricht einer Windgeschwindigkeit von mindestens 62 km/Stunde. In der Praxis ist die (vergangene) Windstärke für die meisten Orte nicht nachweisbar. Die Versicherungsbedingungen sehen deshalb die Möglichkeit einer Entschädigung auch ohne Windmessgerät vor, wenn der Versicherungsnehmer einen entsprechenden Nachweis erbringt.
Was zählt als Sturm?
Als wetterbedingte Luftbewegung gelten alle Arten von Stürmen, die in mitteleuropäischen Breitengraden mehr oder minder häufig vorkommen: Orkane, Windhosen und Tornados sind ausdrücklich versichert. Deshalb ist die erweiterte Nachweismöglichkeit besonders wichtig, weil z. B. Windhosen lokal sehr begrenzt auftreten und z. B. nur Schäden an einem einzigen Gebäude anrichten können.
Der Nachweis kann darin bestehen, dass „die Luftbewegung in der Umgebung des Versicherungsgrundstücks Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand“ angerichtet hat. Als gleichzusetzen mit Gebäuden sind dabei Sachen, die als ebenso widerstandsfähig einzuschätzen sind. Dazu zählen z. B. Gartenmauern aus Stein, Straßenlaternen oder große Bäume mit starkem Wurzelwerk.
Windstärke 8 wird den VGB nach auch dann unterstellt, wenn der beanstandete Schaden nur durch Sturm entstanden sein kann. Das Bedingungswerk nimmt dabei ausdrücklich Bezug auf den vorherigen, einwandfreien Zustand des Gebäudes.
Nicht als Sturm im Sinne der VGB gelten Schäden durch Luftbewegungen, die nicht wetterbedingt auftreten. Beispiele sind z. B. der Luftsog eines zu niedrig fliegenden Flugzeugs (hier besteht keinerlei Versicherungsschutz), die Druckwelle einer Explosion (die Schäden sind versichert, weil Explosionen eine versicherte Gefahr darstellen) oder Feuerstürme bei Großbränden (ebenfalls versichert).
Nicht als Sturmschaden versichert sind darüber hinaus sturmbedingte Sturmfluten (es handelt sich auch nicht um einen Folgeschaden im Sinne der VGB) sowie Lawinen. Maßgeblich ist, dass Sturmfluten und Lawinen eigenständige Ereignisse sind.
Was ist Hagel?
Hagel ist den VGB definiert als „fester Witterungsniederschlag in Form von Eiskörnern“. Für den Nachweis von Hagel gelten dieselben Bedingungen wie für den Nachweis eines Sturms. Als Hagel werden Eiskörner mit einem Durchmesser von mehr als 0,5 Zentimetern definiert (ist der Durchmesser geringer, handelt es sich um Graupel). Schäden durch Hagel sind auch versichert, wenn sie unabhängig von einem Sturm entstehen.
Was die Wohngebäudeversicherung bezahlt
Der Versicherer zahlt für Schäden durch die direkte Einwirkung von Sturm und/oder Hagel auf versicherte Gebäude bzw. versicherte Sachen. Bezahlt werden auch Schäden, die dadurch entstehen, dass ein Sturm Gebäudeteile, Bäume oder andere Gegenstände auf versicherte Gebäude oder versicherte Sachen schleudert. Der Schutz bezieht sich jeweils auch auf Gebäude, die mit dem Versicherungsgebäude baulich verbunden sind.
- Einwirkungsschaden
Ein Einwirkungsschaden liegt vor, wenn ein Sturm direkt auf ein Gebäude trifft und Schäden verursacht. Abgerissene Dachziegel oder Dachrinnen sind ebenso als Einwirkungsschaden zu verstehen wie eingedrückte Wände. - Schaden durch Gegenstand
Schäden durch Gegenstände entstehen, wenn der Sturm versicherte oder nicht versicherte Sachen durch die Luft transportiert und diese mit einem Gebäude kollidieren. Beispiel: Ein Dachziegel wird gegen eine Hauswand geschleudert und zerstört die Holzfassade. - Folgeschaden
Ein Folgeschaden liegt z. B. vor, wenn ein herumgeschleuderter Ast eine Fensterscheibe zerschlägt und daraufhin Niederschlag in das Gebäude eindringt und Schäden am Parkett verursacht. Schäden durch eindringenden Niederschlag sind nur versichert, soweit der Niederschlag durch ordnungsgemäß geschlossene Fenster eingedrungen ist. Verschließt der Versicherungsnehmer sein Fenster nicht, muss er für Schäden selbst aufkommen.
Gerichtsurteile zu Sturmschäden
War Windstärke 8 für den Schaden erforderlich?
Der Versicherungsnehmer muss nachweisen, dass ein geltend gemachter Schaden nicht schon bei einer geringeren Windstärke als Windstärke 8 eingetreten wären. Gelingt ihm dies nicht, hat er keinen Anspruch auf Entschädigung. (LG München)
Kausalität
Eine unmittelbare Einwirkung des Sturms liegt vor, wenn der Sturm die zeitlich letzte Ursache für einen Schaden darstellt. Mitursächlichkeit reicht dabei aus. Liegt eine unmittelbare Ursächlichkeit des Sturms für einen Schaden vor, wird der Versicherungsschutz auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass zuvor bereits Schäden am Gebäude bestanden, die den Eintritt des Schadens begünstigt haben. (OLG Saarbrücken)
Abgeknickter Baum und Kostenersatz
Ein abgebrochener Baum ist kein umgestürzter Baum. Bricht eine 10 Meter hohe Fichte durch einen Sturm 1 Meter über dem Boden ab, besteht keine Leistungspflicht des Versicherers für das Entfernen, den Abtransport und die Entsorgung des Baumes. Die Begründung des Gerichts: „Umgestürzt“ ist nach dem allgemeinen Verständnis des Versicherungsnehmers nicht mit „abgeknickt“ zu verwechseln.
Auch für die versicherte Gefahr Sturm gilt in der Wohngebäudeversicherung, dass kein Versicherungsschutz für nicht bezugsfertige Gebäude besteht. Bis zur erstmaligen Fertigstellung greift in der Regel die Rohbauversicherung, die bei Fertigstellung nahtlos in die Wohngebäudeversicherung übergeht. Bei einer größeren Sanierung (z. B. wenn das Dach abgedeckt wird), kann der Versicherungsschutz zeitweise erlöschen.