Blitzschlag und Überspannung durch Blitz
Wann sind Schäden durch Blitzschlag und Überspannung durch einen Blitz versichert?
Der Versicherungsschutz schließt Schäden durch Blitzschlag mit ein. § 2 Nr. 3 VGB 2010 (1914) beschränkt den Schutzumfang allerdings: "Blitzschlag ist der unmittelbare Übergang eines Blitzes auf Sachen". Schäden durch Überspannung, Überstrom und Kurzschluss an elektrischen Einrichtungen sind nur versichert, wenn auf dem Versicherungsgrundstück Schäden anderer Art durch Blitzschlag entstanden sind. Als Schaden gelten in diesem Zusammenhang auch Spuren eines Blitzschlags auf dem Grundstück, an dort montierten Antennen oder anderen Gegenständen als elektrischen Einrichtungen. Das erleichtert im Zweifel den Nachweis eines Blitzschlags.
Zündender Blitz und kalter Blitzschlag
Blitze können auf verschiedene Art Schäden an versicherten Sachen verursachen. Häufig entzündet sich eine Sache nach dem Einschlag eines Blitzes infolge der Hitzeentwicklung. Die Schäden eines solchen "zündenden Blitzschlags" sind als Brandschaden versichert.
Die versicherte Gefahr "Blitzschlag" bezieht sich auf mechanisch verursachte Schäden infolge eines Blitzeinschlags, ohne dass ein Feuer ausbricht. Die mechanischen Schäden bei einem solchen "kalten Blitzschlag" resultieren aus der "blitzartigen" Erhitzung von Wasser, das in allen Gegenständen enthalten ist. Das Wasser dehnt sich auf ein Vielfaches seines Ausgangsvolumens aus, so dass Gegenstände bersten. Auf diese Weise werden z. B. Dachziegel oder Mauerwerk zerstört.
Auch wenn Blitzschlag als unmittelbarer Übergang eines Blitzes auf Sachen definiert ist, haftet der Versicherer auch für Schäden infolge von Blitzschlag. Der Blitz muss nicht direkt in versicherte Sachen einschlagen. Auch der Einschlag in andere (versicherte oder nicht versicherte Sachen) reicht aus. Der Blitzschlag muss sich nicht auf dem Versicherungsgrundstück ereignen (ggf. müssen dort allerdings Schäden durch Blitzschlag entstanden sein).
Folgeschäden durch Blitz
Beispiel: Blitzschlag beim Nachbarn
Der Blitz schlägt in einen Baum auf dem Nachbargrundstück des Versicherungsnehmers ein. Durch den Blitzschlag stürzt der Baum um und reißt den haushohen Schornstein des Nachbarn um. Teile des Schornsteins beschädigen das Dach des Hauses auf dem etwas tiefer liegenden Grundstück des VN. Das Gewitter wird von heftigen Regenfällen begleitet: Durch das beschädigte Dach dringt Regenwasser ein.
Die Versicherung zahlt in diesem Fall für die Schäden am Dach sowie die an versicherten Sachen entstandenen Schäden durch das Regenwasser. Sowohl der Schaden am Dach als auch der Schaden durch das Regenwasser sind Folgeschäden des Blitzschlages. Der Blitzschlag ist unzweifelhaft ursächlich für die Schäden. Deshalb spielt es keine Rolle, dass umstürzende Bäume und Regenwasser grundsätzlich keine versicherte Gefahr darstellen.
Laut § 2. Nr. 4 VGB 2010 (1914) bezieht sich der Versicherungsschutz nicht nur auf die Gefahr Blitzschlag, sondern darüber hinaus auch auf die Gefahr "Überspannung durch Blitz". Versichert sind demnach Schäden an versicherten elektrischen Einrichtungen und Geräten (sofern diese dem Wohngebäude und nicht dem Hausrat zuzurechnen sind) durch Überspannung, Überstrom und Kurzschluss infolge eines Blitzes entstehen. Voraussetzung ist, dass der Schaden ursächlich einem Blitz zuzurechnen ist bzw. dass ein Blitz zumindest an der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat. Auch Schäden durch "sonstige atmosphärisch bedingte Elektrizität" sind damit eingeschlossen.
Sonstige atmosphärisch bedingte Elektrizität
Als "sonstige atmosphärisch bedingte Elektrizität" sind im Wesentlichen „Wolke-zu-Wolke“-Blitze verstehen. Dabei kommt es zu einer Entladung, ohne dass der Blitz auf Sachen (eine Wolke ist keine Sache) übergeht. Dadurch kann es zu Schäden durch elektrostatische Induktion kommen. Diese Überspannungsschäden sind gemäß § 2 Nr. 4 VGB 2010 (1914) ebenfalls versichert.
Für Überspannungsschäden durch Blitz wird üblicherweise ein Selbstbehalt vereinbart. Zudem ist die Entschädigung im Versicherungsfall auf ein Prozent der Versicherungssumme "Wert 1914" begrenzt. Der Einschluss von Überspannungsschäden durch das Standard-Bedingungswerk der verbundenen Hausratversicherung ist relativ neu. Lange Zeit musste die Gefahr durch den Einschluss der Klausel 7160 zusätzlich versichert werden.
Die Entschädigungsgrenze ist als Konsequenz aus dem nicht lange zurückliegenden Einschluss zu verstehen. Die Versicherungswirtschaft kann den Umfang des Haftungsrisikos noch nicht zuverlässig einschätzen. Da Überspannungsschäden über lange Zeit weitgehend gar nicht versichert waren, wurden sie auch nicht gemeldet. Dadurch fehlt eine zuverlässige Datenbasis.
Im Kommentar zur Wohngebäudeversicherung von Horst Dietz, erschienen im Verlag der Versicherungswirtschaft, 2. Auflage, 1999, wird auch ein Änderungsrisiko als Begründung für die Entschädigungsgrenze genannt: Demnach werden in Privathaushalten häufiger als früher elektrische Bauteile eingesetzt. Besonders häufig seien darunter solche mit niedriger Nennspannung, die für Überspannungsschäden besonders anfällig seien.