Individuelles Risiko einer Immobilie
Wie beeinflusst das individuelle Risiko einer Immobilie den Tarif?
In der verbundenen Wohngebäudeversicherung gilt der Grundsatz der risikogerechten Beitragsermittlung. Das individuelle Risiko einer Immobilie bemisst sich anhand von vier Parametern: Neben der Bauart sind auch die räumliche und bauliche Trennung, die Art der Nutzung und die geltende Tarifzone für die versicherten Gefahren Sturm und Leitungswasser maßgeblich.
Bauartklassen
Gebäude werden in fünf Bauartklassen (BAK) unterteilt. In Klasse I ist das Risiko am geringsten, in Klasse V am höchsten. Die Kategorisierung erfolgt anhand der Beschaffenheit des Daches und der Außenwände.
In den Klassen I-III ist die Dacheindeckung hart. Bei einer harten Dacheindeckung kann es sich z. B. um Ziegel, Schiefer, Betonplatten, Metall oder Dachpappe handeln. Gebäude der BAK I besitzen massive Außenwände aus Mauerwerk oder Beton. Die Außenwände von Gebäuden der BAK II bestehen aus Stahl- oder Holzfachwerk mit Stein- oder Glasfüllung oder einer Stahl/Stehlbetonkonstruktion mit einer Wandplattenverkleidung aus nicht brennbarem Material.
In BAK III bestehen die Außenwände aus Holz, Holzfachwerk mit Lehmfüllung, Holzkonstruktionen (mit Verkleidungen egal welcher Art), Stahl/Stahlbetonkonstruktion mit Wandplattenverkleidung aus Kunststoff oder Holz. Auch Gebäude mit einer oder mehreren offenen Seite(n) zählen zur BAK III.
Gebäude der BAK IV und V sind mit einem weichen Dach gedeckt. Bei weichen Dächern ist das Brandrisiko besonders groß. Mögliche Bauweisen bestehen z. B. aus Holz, Stroh, Ried, Schilf etc. In BAK IV erfüllen die Außenwände die Kriterien von BAK I oder II, in BAK V sind die Außenwände wie in BAK III gestaltet.
Bei Gebäuden mit gemischter Bauweise ist entscheidend, welcher Anteil auf welche Bauartklasse entfällt. Es gilt die Klasse mit dem höheren Risiko, wenn sie mindestens 25 Prozent ausmacht.
Fertighausgruppen
Für Fertighäuser existiert ein eigenständiger Kriterienkatalog. Die Gebäude werden in drei Fertighausgruppen (FHG) kategorisiert. Maßgeblich ist ebenfalls die Beschaffenheit von Dach und Außenwänden. Fertighäuser werden allerdings in den meisten Fällen mit harter Dachung ausgestattet. Deshalb wird an dieser Stelle nur auf die Kriterien bei den Außenwänden eingegangen.
In FHG-I werden Fertighäuser eingestuft, deren Außenwände in allen Teilen aus feuerbeständigen Baumaterialien hergestellt sind. Das schließt auch die tragende Konstruktion mit ein. In FHG-II sind Häuser mit massivem Fundament und einer tragenden Konstruktion aus Stahl, Holz oder Leichtbauteilen eingruppiert, die außen mit einem nicht brennbaren Material verkleidet sind. Mögliche Lösungen dieser Art sind z. B. Klinkersteine, Putz, Gipsplatten und Profilblech. In FHG-III fehlt die feuerfeste Verkleidung – ansonsten besteht kein Unterschied zu FHG-II.
Räumliche und bauliche Trennung
Das Schadensrisiko steigt tendenziell, wenn sich andere Gebäude ohne baulichen Schutz sehr nahe am Versicherungsgebäude befinden. Deshalb fragen viele Versicherungsunternehmen im Antrag nach räumlichen und baulichen Trennung zur Nachbarschaft. Eine ausreichende räumliche Trennung liegt vor, wenn zwischen dem Versicherungsgebäude und dem nächstliegenden Gebäude mindestens zehn Meter Entfernung liegen. Dieser Abstand ist verzichtbar, wenn zwischen den Gebäuden eine Brandwand vorhanden ist. Eine Brandwand aus Mauerwerk muss mindestens 24 Zentimeter dick sein. Bei Stahlbeton reichen 14 Zentimeter.
Art der Nutzung
Bei der Bemessung des Beitrags wird zwischen drei Nutzungsarten unterschieden. Neben rein wohnwirtschaftlich genutzten Gebäuden gibt es gemischt genutzte Gebäude (zum Teil privat, zum Teil gewerblich) und Gebäude, die nicht ständig bewohnt sind (z. B. Ferien- und Wochenendhäuser).
Vor allem bei einer teilweisen gewerblichen Nutzung erheben Versicherungen Zuschläge. Abhängig von der Art des angesiedelten Gewerbebetriebs werden Gebäude in Gefahrenklassen eingestuft. Ein Großteil der im GDV zusammengeschlossenen Assekuranzen nutzt drei Gefahrenklassen, wobei A die Klasse mit der geringsten und C die Klasse mit der höchsten Zusatzgefährdung durch den Gewerbebetrieb ist.
Die höhere Gefahr betrifft vor allem die Risiken Feuer und Leitungswasser. Es gibt einige Betriebe, die aus Sicht der Versicherungswirtschaft unerwünschte Risiken darstellen. Befindet sich im Gebäude ein solcher Betrieb, ist oft gar kein Versicherungsschutz möglich. Unerwünschte Betriebe sind neben Stundenhotels und Nachtclubs auch Bars und Pizzerien, Diskotheken, Tanzlokale und Gebrauchtwarenhandelsunternehmen.
Der Zuschlag auf den Tarifgrundbeitragssatz hängt von der Art des Betriebs und seinem Anteil an der Nutzfläche des Versicherungsgebäudes ab. Für Betriebe der Gefahrenklasse A werden pro angefangene zehn Prozentpunkte Flächenanteil an der Gesamtfläche ein Zuschlag von 0,30 Promille der Versicherungssumme erhoben.
Beispiel
Gewerbetreibe der Gefahrenklasse A sind z. B. Supermärkte, Möbelgeschäfte oder Metzgereien. Entfällt auf solche Betriebe ein Flächenanteil von bis zu 10 Prozent, wird ein Zuschlag in Höhe von 0,30 Promille erhoben. Mehr als 10 bis hin zu 20 Prozent beträgt der Zuschlag 0,60 Promille, bei mehr als 20 bis hin zu 30 Prozent 0,90 Promille usw.
In Gefahrenklasse B ist der Zuschlag um 50 Prozent gegenüber Gefahrenklasse A erhöht (also 0,45 Promille für die ersten 10 Prozent an der Gesamtfläche), in Klasse C beträgt der Zuschlag gegenüber Klasse A 100 Prozent (0,60 Promille für die ersten 10 Prozentpunkte am Flächenanteil). Betriebe der Klasse B sind z. B. Baumärkte, Gaststätten oder Spielhallen. In Gefahrenklasse C werden z. B. Betriebe der Holz- und Kunststoffverarbeitung, KFZ-Reparaturen und Lackierereien eingestuft.
Tarifzonen für Sturm und Leitungswasser
Während die Eintrittswahrscheinlichkeit der versicherten Gefahr Feuer von Bauart und Nutzung des Gebäudes abhängt, richtet sich das Risiko für Schäden durch Sturm und Leitungswasser nach dem Standort des Objektes. Versicherer kategorisieren das Risiko für Sturm und Leitungswasser deshalb in verschiedene Zonen. Meistens werden vier Zonen für Leitungswasser und zwei Zonen für Sturm genutzt.
Die Beitragsermittlung erfolgt ausschließlich anhand von objektiven Merkmalen. Darunter sind Merkmale zu verstehen, die die versicherte Sache und seine Umgebung betreffen. Eine Berücksichtigung des subjektiven Risikos findet hingegen kaum statt. Das subjektive Risiko betrifft den Versicherungsnehmer und sein Verhalten sowie Personen, die in Kontakt mit dem Versicherungsgebäude gelangen.
Hat der Versicherungsnehmer oder einer seiner Mieter in der Vergangenheit bereits einmal einen Brand gelegt, erhöht dies vermutlich das statistische Brandrisiko. Das gilt auch, wenn ein Vermieter dafür bekannt ist, sein Objekt nur unzureichend zu pflegen (und z. B. das Treppenhaus regelmäßig voller Unrat liegt). Beitragszuschläge sind für solche subjektiven Gefahrenmerkmale nicht vorgesehen. Sind dem Versicherer die Merkmale bekannt, kann er den Vertrag aber ablehnen.