LG Dortmund Az.: 2 O 240/11

Gebäudeversicherung muss finanziell leisten, wenn ein Baum nach einem Sturm umfällt und dadurch Schäden verursacht

Wer eine Gebäudeversicherung besitzt, der kann sich im Ernstfall glücklich schätzen. Bei Unwettern – zum Beispiel einem starken Sturm – kommt die Gebäudeversicherung für fast alle Schäden am Gebäude auf, die im Zusammenhang mit diesem Ereignis entstehen. Ein klassisches Beispiel: Fällt während eines Sturms ein Baum um und beschädigt dabei beispielsweise Teile des Gebäudes oder der Gartenanlagen etc., so wird die Gebäudeversicherung dafür in Leistung treten.

Doch wie verhält es sich, wenn der angesprochene Baum erst Tage nach dem Ereignis – also nach dem Sturm – umfällt und dann entsprechende Schäden verursacht? Ist die Gebäudeversicherung in diesem Fall immer noch verpflichtet zu leisten? Oder kann ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Sturm und dem Umfallen des Baumes verneint werden, so dass die Versicherung ihre Leistung nicht ausschütten muss?

Mit dieser kniffligen Frage mussten sich die Richter am Landgericht Dortmund auseinandersetzen. Kläger war ein Hausbesitzer, der eine Gebäudeversicherung abgeschlossen hatte und bei dem sich folgender Sachverhalt zutrug:

Kläger war ein Hausbesitzer, auf dessen Grundstück ein Baum umgestürzte war, der dabei das Nachbarhaus stark beschädigte. Einige Tage vor dem Umsturz des Baumes hatte in der Gegend ein heftiger Sturm gewütet. Da der Bau schon Jahrzehnte an seinem Platz stand, führte der Hausbesitzer den Umsturz darauf zurück, dass der Sturm den Stamm des Baumes bereits angebrochen habe, so dass dieser geschwächt war und einige Tage später umgefallen ist.

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Muss der Schaden unmittelbar mit dem Unwetter in Zusammenhang stehen?

Um den Schaden am Nachbarhaus regulieren zu können, forderte der Hausbesitzer entsprechende Leistungen aus seiner Gebäudeversicherung ein. Die Versicherungsgesellschaft weigerte sich jedoch, den Schaden zu regulieren, da ihrer Meinung nach nur Schäden in der Police eingeschlossen seien, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Sturm entstehen. Da sich Versicherter und Versicherungsgesellschaften nicht einigen konnten, erhob der Hauseigentümer Klage gegen die Versicherung.

Nachdem die Richter am zuständigen Amtsgericht zunächst der Versicherung Recht gegeben hatten, legte der Grundstückseigentümer Berufung ein. Dadurch ging der Fall in zweiter Instanz vor das Landgericht Dortmund und wurde dort verhandelt. Hier entschieden die Richter zugunsten des Grundstückseigentümers. Sie bezogen sich dabei insbesondere auf die Versicherungsbedingungen, in denen klar geregelt sei, dass jene Sturmschäden durch die Versicherung abgedeckt sind, die dadurch entstehen, dass ein Sturm Bäume, Gebäudeteile oder andere Gegenstände auf versicherte Sachen wirft.

Hieraus folgerten die Richter, dass es dem Wortlaut entsprechend keiner unmittelbaren Sturmeinwirkung bedürfe, damit der Versicherungsschutz wirksam wird. Die Versicherung habe ihre eigenen Bedingungen fälschlich ausgelegt und sei davon ausgegangen, dass nur solche Schäden in den Versicherungsschutz fallen würden, die durch direkt während des Sturms herumwirbelnde Gegenstände bzw. Gebäudeteile verursacht werden würden.

Das LG Dortmund stützt den Versicherungsnehmer

Laut Gericht sei die Klausel aber anders auszulegen. Sie besage, dass es ausreichend ist, wenn der Sturm die Ursache dafür sei, dass Gegenstände oder Gebäudeteile auf die versicherten Sachen fallen. Ob diese Ursache dafür sorgt, dass ein Baum direkt während des Ereignisses umfällt oder erst Stunden bzw. Tage danach, sei hier nicht von Belang. Somit sei auch der Schaden versichert, der durch den Tage später umstürzenden Baum auf dem Nachbargrundstück bzw. am Nachbargebäude entstanden ist.

An diesem Urteil erkennt man sehr gut, wie spitzfindig die Versicherungen ihre eigenen Bedingungen auslegen. Im Nachteil ist dabei oft der Versicherte, der wegen winziger Abweichungen zwischen dem tatsächlich eingetretenen Ereignis und der entsprechenden Klauseln in den Versicherungsbedingungen letztendlich nur eine eingeschränkte oder überhaupt keine Leistung erhält. Dass es jedoch auch anders laufen kann, zeigt das hier beschriebene Urteil. Viele Versicherte können daher Hoffnung schöpfen, in ähnlich gelagerten Fällen nicht auf ihren Schäden sitzen zu bleiben, sondern diese von der Versicherung reguliert zu bekommen.