Gas- und Stromrechnungen sind eine Wissenschaft für sich. Preiserhöhungen gegenüber den Verbrauchern waren und sind keine Seltenheit, die Begründungen dafür allerdings eher verschwommen. Die Versorger dürften die Preise erhöhen, wenn diese Erhöhungen durch den Markt notwendig wurden. Preisanpassungen rein zur Gewinnerhöhung waren jedoch untersagt.
Der Bundesgerichtshof musste sich jetzt mit einem Fall auseinandersetzen, der in die Jahre zwischen 2005 und 2007 zurückdatierte (Az. VIII ZR 71/10). Eine Kundin der Ravensburger Technischen Werke focht deren mehrfachen Preiserhöhungen an.
Strategische Partnerschaften nicht unkritisch
Das Pikante an dem Vorgang war, dass der Ravensburger Versorger an dem Vorlieferanten eine Beteiligung hält. Somit profitierten die Ravensburger Technische Werke von jeder Preiserhöhung seines Lieferanten.
Die Argumente des Versorgers lauteten, dass solche Kooperationen dazu dienten, eben günstigere Preise durchsetzen zu können.
Der Streitwert war mit 2.733,12 Euro vergleichsweise gering, allerdings spielte auch die Frage mit hinein, in wie weit dies auch ein Thema für den Europäischen Gerichtshof sein könnte, da die Preiserhöhungen möglicherweise gegen die europäische Gasrichtlinie verstießen.
Der Widerspruch von 2006 landete vor dem BGH
Die Beklagte hatte erstmals im Februar 2006 der Erhöhung der Erhöhung des Arbeitspreises widersprochen. Für den Bundesgerichtshof galt es nun zu klären, ob die Erhöhungen gerechtfertigt waren oder nicht.
Das Urteil aus Karlsruhe rief bei den Verbraucherschützern zwar keinen Jubel hervor, war aber ein weiterer kleiner Schritt, Licht in das Dunkel der Preisanpassungen zu bringen. Die Richter am BGH kamen zu dem Schluss, dass ein Versorger dort einkaufen müsse, wo es am günstigsten sei.
Energieversorger müssen nach günstigen Angeboten suchen
Erhöht der Vorlieferant die Preise, sei es Sache des Versorgers, sich nach anderen, günstigeren Anbietern umzusehen. Die wirtschaftliche Beteiligung an einem Vorlieferanten ist kein Grund, dessen Preisgestaltung zu akzeptieren, sofern sie den Interessen der Endabnehmer entgegenläuft.
Obwohl die Vorinstanzen die Preiserhöhungen als legitim einstuften, kam der Senat nun zu einer anderen Entscheidung. Der Versorger dürfe die Preise nur dann erhöhen, wenn er selbst keine andere Alternative mehr hat, beispielsweise durch Einsparungen an anderer Stelle, das Preisniveau zu halten.
Darüber hinaus kam die Frage auf, ob die Abrechnungen und die gesamte Preisgestaltung den Transparenzanforderungen der Gasrichtlinie 2003/55/EG entsprechen. Diese Frage wurde von dem für Kaufrecht zuständigen Senat bejaht und eine Weitergabe des Falls an den Europäischen Gerichtshof als unnötig erachtet.
Zu guter Letzt gab der BGH den gesamten Fall an das Landgericht Ravensburg zur Neuverhandlung zurück. Die Begründung lautete, dass sich die Richter bei der ersten Verhandlung nicht gründlich genug mit den Umständen der Preiserhöhungen beschäftigt hatten und wesentliche Merkmale der Gasverordnung unberücksichtigt blieben.
Verbraucherschützer nicht vollständig zufrieden
Für die Verbraucherschützer geht das Urteil allerdings nicht weit genug. Sie hätten erwartet, dass der Fall an den EuGH weitergereicht wird, da dieser ja bereits im Jahr 2014 geurteilt hatte, dass die Information der deutschen Versorger hinsichtlich der Begründung einer Preiserhöhung defizitär war. Inzwischen sind diese jedoch auch in Deutschland dazu verpflichtet, die genauen Gründe für Preisanpassungen anzugeben.
Ein schlichter und pauschaler Hinweis auf erhöhte Kosten beim Einkauf rechtfertigt keine Preiserhöhungen mehr.