Ombudsmann und Sachverständigenverfahren
Nicht immer sind sich Versicherung und Kund einig. Gemäß § 15 VGB 2010 (1914) hat der Versicherungsnehmer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls das Recht auf ein Sachverständigenverfahren, in dem die Höhe des Schadens (nicht der grundsätzliche Anspruch) festgestellt wird. Eine Ausdehnung auf weitere Feststellungen zum Versicherungsfall ist möglich, muss aber vereinbart werden.
Ablauf des Sachverständigenverfahrens
Beide Vertragsparteien müssen ihren Sachverständigen in Schriftform benennen. Die VGB verhindern explizit langwierige Verzögerungen durch eine der beiden Vertragsparteien: Hat eine Partei einen Experten benannt, kann sie die jeweils andere Partei dazu auffordern, dasselbe zu tun. Kommt die aufgeforderte Partei dieser Aufforderung nicht nach, kann die andere Partei den zweiten Sachverständigen durch das zuständige Amtsgericht bestimmen lassen.
- Der Versicherer muss Interessenskonflikte vermeiden. Er darf als Sachverständigen keine Person benennen, die entweder Mitbewerber des Versicherungsnehmers ist oder mit ihm in Geschäftsbeziehung steht oder die bei eigenen Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt ist oder in einem vergleichbaren Verhältnis zu diesen steht.
- Die beiden berufenen Sachverständigen berufen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit einen dritten Sachverständigen als Obmann. Auch für den Obmann gelten die Regelungen im Hinblick auf mögliche Interessenskonflikte. Können sich die berufenen Sachverständigen nicht auf einen Obmann einigen, wird dieser vom zuständigen Amtsgericht festgestellt.
- Die beiden Sachverständigen legen ein Gutachten vor, in dem die abhanden gekommenen, zerstörten und beschädigten versicherten Sachen sowie die Versicherungswerte aufgelistet sind. Ferner bemessen sie die Wiederherstellungs- und Wiederbeschaffungskosten, die Restwerte der beschädigten und zerstörten Sachen, die versicherten Kosten inklusive Mietausfall und Mietwert sowie den Restwert der nicht vom Versicherungsfall beeinträchtigten Sachen.
- Jeder einzelne Sachverständige übermittelt die Ergebnisse seines Gutachtens an beide Parteien gleichzeitig. Kommen nicht beide Sachverständige zum selben Ergebnis, übergibt der Versicherer die Gutachten unverzüglich dem berufenen Obmann.
- Der Obmann entscheidet bei den Sachverhalten, bei denen Abweichungen vorliegen. Er hat sich dabei innerhalb der von den beiden Sachverständigen gesetzten Grenzen zu bewegen. Auch der Obmann übermittelt seine Einschätzung beiden Parteien gleichzeitig.
- Die Feststellungen der Sachverständigen oder des Obmanns sind für beide Vertragsparteien verbindlich. Einzige Ausnahme: Weichen die Feststellungen offensichtlich erheblich von der Realität ab, müssen sie nicht übernommen werden. Der Versicherer errechnet anschließend die Entschädigung.
- Sind die Gutachten der Sachverständigen (aus welchem Grund auch immer) nicht verbindlich, muss eine gerichtliche Entscheidung den Sachverhalt klären. Ein Gericht ist auch dann anzurufen, wenn die berufenen Sachverständigen nicht willens oder in der Lage sind verbindliche Feststellungen zu treffen oder dies verzögern.
Die Kosten des Sachverständigenverfahrens sind von beiden Parteien zu tragen, wobei jede Partei 100 Prozent der Kosten des von ihr berufenen Sachverständigen und 50 Prozent der Kosten des Obmanns bezahlt.