Gemeiner Wert
Versicherungswert beim gemeinen Wert
Der gemeine Wert eines Gebäudes kann Versicherungswert werden, ohne dass dazu eine gesonderte Vereinbarung getroffen wird. Deshalb ist er für alle Versicherungsnehmer zumindest bedingt relevant. Laut § 10 Nr. 1 d) VGB 2010 (1914) ist der gemeine Wert "der erzielbare Verkaufspreis für das Gebäude oder das Altmaterial".
Auch wenn eine Versicherung zum gleitenden Neuwert, zum Zeitwert oder zum einfachen Neuwert vereinbart ist, kann der gemeine Wert im Schadensfall relevant sein: Ist das Gebäude zum Abbruch bestimmt oder sonst dauernd entwertet, beschränkt sich der Versicherungsschutz auf den gemeinen Wert.
Eine dauerhafte Entwertung liegt z. B. vor, wenn ein Gebäude aufgrund von Bewegungen in alten Bergstollen einsturgefährdet ist und deshalb von den Behörden gesperrt wird. Auch eine behördliche Abbruchverfügung führt zur automatischen Änderung des Versicherungsschutzes. Abbruchverfügungen werden zum Beispiel erlassen, wenn Gebäude ohne Genehmigung errichtet wurden.
Beispiel
Der Versicherungsnehmer M. Meier hat im Jahr 1998 ein Haus gebaut und bei seiner Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert versichert. Im Jahr 2010 bemerkt Meier, dass sich der Boden auf dem Grundstück regelmäßig um einige Millimeter bewegt. Er lässt deshalb den Bauplatz nachträglich noch einmal prüfen. Dabei stellt sich an bei der ersten Untersuchung durch Behörden und Baufirmen übersehenen Dokumenten des Archivs heraus, dass unter dem Grundstück ein Bergbaustollen verläuft, dessen Beschaffenheit nie geklärt wurde und von dem eine Gefahr ausgehen könnte. Bei weiteren Prüfungen stellt die zuständige Behörde kleine Risse in der Bodenplatte und im Mauerwerk des Hauses fest. Sie erlässt deshalb ein Nutzungsverbot und verfügt den Abriss des Gebäudes. Zwei Wochen später brennt das Haus nach einem Blitzschlag vollständig aus.
Die Versicherung leistet zum gemeinen Wert – die Versicherung zum gleitenden Neuwert ist mit dem Beschluss der Behörde erloschen. Der gemeine Wert ist entweder der Marktwert des Gebäudes oder der Marktwert des Materials, das in dem Gebäude verbaut ist. Einen Markt für das Haus als Ganzes dürfte es nicht geben. Nach dem Abriss kann lediglich das Altmaterial verkauft werden. Dessen Wert ist markiert die maximal mögliche Entschädigung.
Durch die Klausel schützen sich Versicherer vor Rechtstreitigkeiten mit Behörden und Baufirmen. De Versicherungsnehmer kann versuchen, die in die Bauplanung involvierten Parteien haftbar zu machen.