Regress des Versicherers
Wen darf ein Versicherer in Regress nehmen und wann?
Verursachen Dritte einen Schaden zulasten des Versicherungsnehmers, muss der Versicherer dafür zahlen. Der Ersatzanspruch des VN gegenüber dem Schadensverursacher wird auf den Versicherer übertragen, sofern der Verursacher des Schadens kein Repräsentant des Versicherungsnehmers ist.
Regress bei grober Fahrlässigkeit
Der Versicherer kann den Verursacher des Schadens in Regress nehmen, wenn dieser grob fahrlässig gehandelt hat. Für den Versicherungsnehmer selbst spielt es keine Rolle, ob der Regressversuch erfolgreich verläuft. Er erhält sein Geld von der Versicherung auch dann, wenn der Verursacher unbekannt, zahlungsunfähig usw. ist.
Wer darf in Regress genommen werden?
Der Versicherer darf nicht jeden in Regress nehmen. Ausgeschlossen sind Personen, die bei Eintritt des Versicherungsfalles mit dem Versicherungsnehmer in einem Haushalt leben. Es spielt dabei keine Rolle, in welchem Verwandtschafts- oder Beziehungsverhältnis die Person zum Schadenverursacher steht. Ausnahme: Handelt die Person vorsätzlich, darf der Versicherer sie in Regress nehmen. Verwandte auf Besuch sind von dem Regressverzicht ausgenommen: Besucht der in Leipzig studierende Sohn seine Eltern in München, haftet er gegenüber dem Versicherer für Schäden, die er verursacht.
Warum wird bei bestimmten Personenkreisen auf Regress verzichtet?
Der Verzicht auf Regress bei Personen aus dem häuslichen Umfeld hat zwei Gründe. Zum einen sollen innerfamiliäre Auseinandersetzungen über Schadenersatzforderungen vermieden werden. Zum anderen dient der Verzicht dem wirtschaftlichen Schutz des Versicherungsnehmers. Würde z. B. dessen Ehefrau oder Sohn durch den Regress wirtschaftlich insolvent, müsste er womöglich selbst finanzielle Einbußen hinnehmen, obwohl er über einen wirksamen Versicherungsschutz verfügt.
Einwurf: Sofern der Schadenverursacher über eine Privathaftpflichtversicherung verfügt, tritt diese für die Forderung des Versicherers ein. Rund 30 Prozent der Bundesbürger verfügen nicht über eine Haftpflichtversicherung, die ca. 50 Euro im Jahr kostet. Eine Privathaftpflichtversicherung deckt Schäden bis hin zu mehreren Millionen Euro ab und leistet auch bei grober Fahrlässigkeit. Finanzexperten warnen deshalb davor, auf eine Haftpflichtversicherung zu verzichten.
Die VGB 2010 regeln den Übergang von Ersatzansprüchen in Abschnitt B § 14. "Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt."
Mitwirkungspflicht des Versicherungsnehmers
Die VGB sehen eine Mitwirkungspflicht des Versicherungsnehmers bei der Sicherung der Ansprüche des Versicherers gegen den Schadenverursacher vor: "Der Versicherungsnehmer hat (…) nach Übergang des Ersatzanspruchs auf den Versicherer bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken".
Wird die Mitwirkungspflicht vorsätzlich verletzt, ist der Versicherer nicht zur Entschädigung verpflichtet, soweit er seine Forderung gegenüber dem Dritten nicht durchsetzen kann. Verletzt der Versicherungsnehmer seine Mitwirkungspflicht grob fahrlässig, kommt die Quotelung zum Einsatz: Die Entschädigung wird in einem zur Schwere des Verschuldens angemessenen Verhältnis gekürzt. Die Beweislast für das Vorliegen einfacher anstatt grober Fahrlässigkeit liegt beim Versicherungsnehmer.
Regress beim Mieter
Der Versicherer darf auch Mieter des Versicherungsnehmers nicht in Regress nehmen, wenn die Kosten der Wohngebäudeversicherung auf die Miete umgelegt werden. Dies bezieht sich auch auf Personen, die mit dem Mieter in häuslicher Gemeinschaft leben. Verursachen Besucher des Mieters einen Schaden, darf der Versicherer sie in Regress nehmen. Zahlt der Mieter die Prämien für die Versicherung zusammen mit den anderen Nebenkosten, steht ihm eine äquivalente Leistung zu. Diese besteht darin, dass nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit die Entschädigung ganz oder teilweise abgelehnt werden kann – wie es auch der Fall wäre, wenn der Mieter selbst Versicherungsnehmer wäre.
Der Bundesgerichtshof entschied in einem Urteil aus dem Jahr 1995, dass mit einer Umlage der Versicherungsprämien eine "stillschweigende Beschränkung der Haftung für die Verursachung von Brandschäden auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit" getroffen werde.
Vermieter sind in der Regel dazu verpflichtet, die Entschädigung ihres Versicherers in Anspruch zu nehmen. Nur in Ausnahmefällen und bei berechtigtem Interesse kann der Vermieter seinen Mieter direkt in Regress nehmen, wenn einfache Fahrlässigkeit die Schadenursache war. Ein berechtigtes Interesse liegt ausdrücklich nicht vor, wenn der Vermieter Fristen versäumt und deshalb die Ansprüche gegen den Wohngebäudeversicherer erlöschen. Auch die Möglichkeit einer Kündigung durch den Versicherer rechtfertigt einen direkten Zugriff auf den Mieter nicht.
Regress beim Haftpflichtversicherer
Wohngebäudeversicherer können die Privathaftpflichtversicherung eines Mieters heranziehen. Die Privathaftpflicht zahlt für Schäden, die der Versicherungsnehmer am Eigentum Dritter verursacht hat. Die Ausgleichsansprüche des Gebäudeversicherers werden auf Versicherungsebene eingefordert – der Mieter selbst ist nach Abschluss der Schadenbearbeitung nicht mehr involviert. Voraussetzung ist, dass die Haftpflichtversicherung Mietsachschäden an Wohnräumen abdeckt.
In der Regel ersetzt der Haftpflichtversicherer die Hälfte des vom Wohngebäudeversicherer zu leistenden Entschädigungsbetrages. Diese Aufteilung jedenfalls empfiehlt der Branchenverband GDV seinen Mitgliedsunternehmen. In der Rechtsprechung existieren unterschiedliche Auffassungen über die angemessene Aufteilung, die daraus resultieren, dass Haftpflichtversicherungen nicht zum Neuwert, sondern zum Zeitwert regulieren.
Dadurch liegt die Beteiligung des Haftpflichtversicherers etwas niedriger als bei einer hälftigen Aufteilung. Die Verbandsempfehlung bezieht sich auf Schäden bis 100.000 Euro. Bei Schäden bis 2.500 Euro sieht die Empfehlung des GDV einen Verzicht des Gebäudeversicherers auf Regressansprüche vor.
Regress in einer Eigentümergemeinschaft
Die Besitzer von Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern bilden eine Eigentümergemeinschaft. Dies ist auch für die Wohngebäudeversicherung relevant, sofern die Gemeinschaft Versicherungsnehmer ist. Verschuldet ein Miteigentümer leicht fahrlässig einen Schaden am Haus, kann der Versicherer ihn dafür nicht in Regress nehmen. Die Rechtsprechung liefert dafür eine klare Begründung: Das Interesse jedes einzelnen Mitglieds der Eigentümergemeinschaft am Eigentum der anderen Mitglieder ist mitversichert. Das Mitglied, das den Schaden leicht fahrlässig verursacht hat, ist nicht als "Dritter" anzusehen.
Anders verhält es sich, wenn ein Mitglied der Eigentümergemeinschaft Schäden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt oder schuldhaft gegen Obliegenheiten verstößt. Dann haben die anderen Eigentümer Anspruch auf Entschädigung gegen den Versicherer – dieser kann den Verursacher aber für die entstandenen Mehrkosten in Regress nehmen.
Regressverzicht der Feuerversicherung
Der Fall: Feuer greift auf Nachbargebäude über
Das Haus von Versicherungsnehmer W. brennt ab. Das Feuer zerstört nicht nur das versicherte Gebäude vollständig, sondern greift auch auf das Nachbarhaus über. Der Versicherer des Nachbarn könnte W. in Regress nehmen. W´s Versicherungsschutz bezieht sich nur auf sein eigenes Haus. W. profitiert von dem in der Branche üblichen Regressverzicht. Der Versicherer des Nachbarn reguliert dessen Schaden und meldet keine Forderungen gegen W. an.
Der Regressverzicht wird nur unter bestimmten Voraussetzungen angewandt. Der Schadenverursacher muss leicht fahrlässig gehandelt haben. Er muss selbst einen Anspruch gegen seinen Versicherer besitzen. Beide Versicherer müssen dem Regressverzichtsabkommen (RVA) beigetreten sein. Das trifft auf die meisten Unternehmen zu. Der Regressverzicht bezieht sich ausschließlich auf die Feuerversicherung und beginnt in der Regel bei Beträgen ab 150.000 Euro. Er gilt für Schäden bis 600.000 Euro. Besteht keine Haftpflichtversicherung, greift der Regressverzicht ab 0 Euro.